[Home] [Institut Trainer] [Referenzen] [Leistungen /Angebote] [Offene Seminare] [Literatur] [Kontakt] [Seminaranmeldung]
Aristoteles

Aristoteles: Die Rhetorik ist die Kunst,
die möglichen Überzeugungsmittel
zu finden.

Dr. Ulonska Training
Institut für Kommunikation
und Management

Lindenteichstraße 8
D - 37124 Rosdorf
Tel: 05545/655-6 

Dr. Ulrich Ulonska: "Was nun Herr Kohl, was nun Herr Lafontaine?"

Untersuchungen zur Selbstdarstellung politischer Protagonisten im Fernsehen

Sprechen II/ 1991. Seite 29ff. Bayerischer Verlag für Sprechwissenschaft (BVS), Regensburg.

Bearbeitete Fassung eines Textes der auf der 22. Jahrestagung der Gesellschaft für angewandte Linguistik  (GAL) an der Universität in Mainz (26.- 28.09.1991) vorgetragen wurde.

Am 23.10.1990 um 21.00 Uhr strahlte das Zweite Deutsche Fernsehen im Zusammenhang mit der Bundestagswahl im Dezember die einstündige Interviewsendung "Was nun Herr Lafontaine" aus. Eine Woche später, am 30.10. ebenfalls um 21.00 Uhr die Sendung "Was nun Herr Kohl". In diesen Sendungen hatten beide Politiker Gelegenheit, ihre Ansichten einem großen Fernsehpublikum darzulegen. Politischer Wahlkampf ist häufig auch Personenwahlkampf. Wenn es darum geht, die Wählergunst zu gewinnen, spielt die Selbstdarstellung des Redners eine wesentliche Rolle. So ist die Trennung der kunstgemäßen Überzeugungsmittel in Beweisführung, Affekterregung und Selbstdarstellung des Redners von Aristoteles über Cicero bis hin zu Quintilian immer wieder betont worden.

In meiner 1990 erschienenen Untersuchung "Suggestion der Glaubwürdigkeit" (1) habe ich die verstreuten Anweisungen der antiken Rhetoriker für die Selbstdarstellung des Redners systematisiert und das so gewonnene Material für die Analyse von Reden eingesetzt, die Hitler zwischen 1920 und 1933 gehalten hat.

Die "große politische Rede" spielt heute allerdings nur noch eine untergeordnete Rolle. Die meisten Entscheidungen fallen in Diskussionen und Verhandlungen. Der Wahlkampf spielt sich heute zu einem großen Teil in den Medien ab. Hier besonders in der Form des Interviews oder der Talk-Runde.

Der vorliegende Beitrag stellt Ergebnisse vor, die die oben genannte Analysemethode auf Gesprächssituationen angewendet erbringt.

Um die Rhetorizität der Selbstdarstellung von Helmut Kohl und Oskar Lafontaine beurteilen zu können, präsentiere ich vier verschiedene Aspekte dieser Untersuchung.

1. Schlüsselwörter
2. Selbstdarstellung durch Wertansprache
3. Rhetorische Mittel, mit denen diese Werte transportiert werden
4. Selbstdarstellung und primacy-recency-effect

1. Schlüsselwörter
Beginnen wir mit einer quantitativen Analyse ausgewählter Schlüsselwörter. Ein wesentlicher Bestandteil des rhetorischen Prozesses der Selbstdarstellung des Redners ist die gelungene Transzendenz vom Ich zum Wir oder Uns einer umfassenden Gemeinschaft. Wenn es darauf ankommt eine so genannte Wir-Gruppe zu etablieren, wie gehen beide Politiker dabei vor?

Die folgende Übersicht zeigt zunächst die Häufigkeit der Schlüsselwörter Ich, Wir, Uns, deutsch (Stammmorphem), Einheit und Problem:

Rhetorik lernen

Es ist deutlich zu erkennen, dass Helmut Kohl die Wörter Wir (2,09 % gegen Lafontaine 1,29 %), Uns (0,73 % gegen Lafontaine 0,15 %), deutsch (0,53 % gegen Lafontaine 0,09 %!) und Einheit (10,1 % gegen Lafontaine 0,05 %) erheblich öfter verwendet.

Lafontaine fällt besonders durch die häufige Verwendung des Ich (2,13 % gegenüber Kohl 1,82 %) und des Wortes Problem (10,2 % gegenüber 0,22 % bei Kohl) auf.

Rede und Gespräch sind prozessuale Geschehen. Ein Gespräch schafft neben der äußeren Situation wechselnde innere Situationen, indem z. B. der Interviewte immer wieder neue Stimmungen schafft. Die Dispositio eines Redebeitrages hat demzufolge eine pragmatische Funktion. Deswegen habe ich die Häufigkeit der einzelnen Analyseeinheiten unterteilt. Vergleicht man, wie Kohl und Lafontaine jeweils an der Entwicklung einer Wir- bzw. uns-Gruppe arbeiten, zeigt sich folgendes Bild: 

Rhetorik nutzen

Wir Gruppe Kohl

Rhetorik können

Wir Gruppe Lafontaine

Die quantifizierten Strukturdiagramme zeigen, was kaum einem der Zuschauer bewusst aufgefallen sein dürfte, da diese Wirkungsmittel latent unter der Oberflächenstruktur der Sprache - unter den eigentlichen Inhalten - wirken. Die Zeitstrukturen weisen nach, wie sehr Kohl im Verlauf seiner Redezeit - ungleich stärker als Lafontaine - die Identifikation durch eine Wir-, bzw. Uns-Gruppe zwischen sich und dem Zuhörer anbietet. 

Rhetorikschulung

Uns Gruppe Kohl

Rhetorik

Uns Gruppe Lafontaine

Betrachtet man nur diese Schlüsselwörter, so ist deutlich, dass Lafontaine viel von sich selbst und vor allem von Problemen spricht. Kohl hingegen appelliert sehr stark an das Gemeinschaftsgefühl, was auch die Schlüsselwörter deutsch und Einheit repräsentieren.

Kenneth Burke (2) sagte einmal, die ideale propagandistische Handlung bestehe darin, das zu Propagierende mit Werten zu verbinden, die niemand in Frage stellt. Kohl versteht es hier offensichtlich, seine Selbstdarstellung mit den Werten Deutsch und Einheit zu verbinden. Wenn die SPD hingegen beklagt, dass die Union die Topoi Deutschland und Einheit besetzt habe, so bleibt aus rhetorischer Sicht festzustellen: Lafontaine macht im Dezember 1990 keine Anstalten, die zu dieser Zeit sehr wichtigen Topoi für die Propagierung seiner Politik nutzbringend einzusetzen.

Ich halte fest: Die dominanten Schlüsselwörter bei Kohl sind Wir, Uns, deutsch und Einheit. Kohl entwickelt im Laufe des Interviews eine massive Wir-Gruppe. Die dominanten Schlüsselwörter bei Lafontaine sind Ich und Problem. Der Aufbau einer Wir-Gruppe ist bei Lafontaine wesentlich schwächer ausgeprägt als bei Kohl.

2. Selbstdarstellung durch Wertansprache
Spätestens seit Karl Bühler (3) ist es selbstverständlich, dass ein Sprecher sich durch das, was er sagt, zugleich auch immer selbst darstellt. Den antiken Rhetorikern zufolge erfolgt die Selbstdarstellung vor allem durch die Werte, die ein Redner anspricht, oder bei denen deutlich wird, dass der Redner sich an ihnen orientiert. In "Suggestion der Glaubwürdigkeit" habe ich eine Methode vorgestellt, diese Werte in modernen Reden zu analysieren. Dabei werden einzelne Redesequenzen einem semantischen Hof des Wertbereiches zugeordnet.

Wenn es z. B. darum geht, den Anteil der Durchsetzungsstärke an der Selbstdarstellung zu ermitteln, zählen beispielsweise folgende Semanteme zum - in Anlehnung an die antike Rhetorik so genannten - Wertbereich Tapferkeit:

"kämpfen, die Kraft haben etwas durchzusetzen, pionierhafte Gesinnung, in Angriff nehmen, ein ungeheures Wagnis eingehen, standhaft sein" etc.

Denn es macht einen Unterschied, ob ein Politiker sagt: "Ich kämpfe dafür, dass ..." oder ob er sagt: "ich werde versuchen, dass......"

Ich möchte Ihnen die Analyseergebnisse für folgende Werte im Vergleich vorstellen: Tapferkeit, Soziales, Gerechtigkeit, Zuversicht, Aufrichtigkeit, Mäßigkeit, Menschlichkeit und Patriotismus. Wie unterscheiden sich nun die beiden Politiker? 

Rhetorik

Die Grafik zeigt, dass Kohl sich vor allem mit Hilfe von Werten aus den Bereichen Patriotismus (12,3 %), Durchsetzungsstärke (12,1 %), Mäßigkeit (10,5 %), Zuversicht (9,2 %), Menschlichkeit (8,8 %) und Aufrichtigkeit (5,1 %) darstellt.

Lafontaine hingegen zeigt eine Wertbetonung in den Bereichen Aufrichtigkeit (15,8 %), Mäßigkeit (13,1 %), Gerechtigkeit (11,9 %), dann erst Tapferkeit (mit 7,9 % im Gegensatz zu Kohls 12,1 %), Soziale Themen (6,7 %), sowie Menschlichkeit (4,6 %). Sequenzen, die die Zuversicht Lafontaines zum Ausdruck bringen könnten, verwendet er nur zu 1,8 % (Kohl 9,2 %), Topoi des Patriotismus nur zu 2,7 % (Kohl 12,4 %).

Stark verkürzt kann man sagen, die Analyse zeichnet das Bild zweier sehr konträrer Charaktere. Kohl erscheint als zuversichtlicher Kämpfer für Deutschland. Lafontaine stellt sich selbst als der aufrichtige, mäßige Vertreter sozialer Themen dar.

Besonders aufschlussreich sind auch hier wieder die quantifizierten Strukturdiagramme der einzelnen Wertbereiche. Vergleichen wir, wie beide Politiker in ihren Selbstdarstellungen die Durchsetzungsstärke im Verlauf der Interviews steigern. 

Rhetorik
Tapferkeit Kohl
Rhetorik

Tapferkeit Lafontaine

 

Die Parameter zeigen, dass Lafontaine ebenso wie Kohl zum Ende des Interviews immer kämpferischer erscheint, sie zeigen aber auch, dass Kohl mehr Sequenzen für seine Selbstdarstellung einsetzt. Demzufolge scheint Kohl also mehr als Lafontaine der Mann zu sein, der die Fähigkeit hat, sich durchzusetzen.

Dieses Untersuchungsergebnis wird durch eine sprechwissenschaftliche Analyse von Sprechgeschwindigkeit und dynamischen Akzenten bestätigt. Lafontaine spricht 186 Wörter pro Minute und akzentuiert dabei 4,7 %. Kohl ist mit 157 Wörtern pro Minute langsamer und mit 6,3 % dynamischen Akzenten auch sprecherisch engagierter, durchsetzungsstärker.

Ebenso steigert Kohl die Appelle an den Topos Patriotismus in der Peroratio seines Interviews, während Lafontaine diesen wichtigen Massenkristall - um einen Begriff von Canetti (4) aufzugreifen - im Abseits belässt. 

Rhetorik

Patriotismus Kohl

Rhetorik

Patriotismus Lafontaine

3. Rhetorische Mittel, mit denen diese Werte transportiert werden

Die Umsetzungsformen bezeichnen, wie ein Sprecher einen Wert für seine Selbstdarstellung einsetzt. Er kann z. B. erzählen, was er geleistet hat (Taten), was er plant (Ziele ) etc. Die Umsetzungsformen Taten (Kohl 13,1 %, Lafontaine 9,9%), Ziele (Kohl 17,3 %, Lafontaine 13,5 %) und persönliche Erzählungen werden von Kohl wesentlich häufiger eingesetzt als von Lafontaine.

 

Rhetorik

Vergleich: Wertrealisationsformen Kohl/Lafontaine

Bereits Aristoteles sagte, dass zur Selbstdarstellung auch das Ansehen bei und die Bekanntschaft mit rechtschaffenen Personen gehört (5). Die Umsetzungsform der Zeugenaussage ist eine weitere Möglichkeit der Wertselbstdarstellung. Wenn z. B. Kohl die mutige kämpferische Entschlossenheit Gorbatschows lobt, dann zeichnet das auch ein Bild von sich selbst. Vergleichen wir Kohl und Lafontaine: Im Bereich der Zeugenaussagen beruft Kohl sich 1. häufiger auf Zeugen und dann 2. auf hochkarätigere als Lafontaine, der allenfalls Unionspolitiker oder Landespolitiker als Zeugen anführt. Kohl benennt beispielsweise Politiker des internationalen Parketts: den ungarischen Präsidenten Nemeth, Michail Gorbatschow, George Bush, Wolfgang Schäuble, natürlich Konrad Adenauer, Francois Mitterand, Helmut Schmidt, spricht aber auch von Vater und Bruder.

Lafontaine begnügt sich hingegen als Kanzlerkandidat damit, jeweils nur einmal peripher George Bush und Michail Gorbatschow zu nennen. Ansonsten führt er als Zeugen Biedenkopf, Späth, Rommel, Waigel, Strauß, Rau, Bärbel Bohley, Stefan Kraftschick und Freya Klier an.

Der wesentlichste Unterschied zeigt sich jedoch in der Häufigkeit der sittlichen Ermahnungen, wie Aristoteles sie nannte. Als sittliche Ermahnungen habe ich wertgebundene, ethische Appelle analysiert, die die Redner in verschiedenen Formen einbringen: (6)

1. Imperative; z. B.: "Seien Sie... Treten Sie ein... Sie werden jetzt..."

2. Verbote und Gebote: "Es darf uns nicht einerlei sein, daß..., wir müssen... sein, ...das niemand daran zweifelt, dass...."

3. Wertorientierungen: "Man sollte... wichtig ist..."

4. Definitionen: "Das ist ..., Ehre heißt.... wir sind ..., wahr ist ..."

5. Relationen: "Niemals (erst nur) wenn .... dann ... ; wer ... der ..."

Die sittlichen Ermahnungen haben eine hochwirksame pragmatische Funktion. Sie sind besonders für die Selbstdarstellung geeignet, denn mit ethischen Appellen erhebt ein Sprecher sich zum kollektiven Über-Ich, weiterhin umgibt ihn die sittliche Ermahnung mit dem Nimbus des moralisch Wertvollen, und letztlich wirkt die sittliche Ermahnung auch stark pathetisch (7). Lafontaine nutzt die Chance, Werte positiv zu formulieren, nur zu einem verschwindend geringen Teil. Anders Kohl, bei Ihm ist eine deutliche Steigerung ethischer Appelle zum Ende des Interviews zu konstatieren (Kohl 18,2 %, Lafontaine 4,6 %). Ganz anders bei den Diffamierungen, den negativ geäußerten Werten. Hier liegt Lafontaine mit 46,1 % deutlich an der Spitze. Kohl verwendet diese Umsetzungsform nur zu 5,8 %. Es bleibt festzuhalten, daß Kohl hier eine ethische Einstellung evoziert und sich selbst als sinnstiftender Wegweiser darstellt, während Lafontaine in der Zweiflerrolle verharrt.

Auch bei den Umsetzungsformen spielt die zeitliche Disposition im Verlauf des Beitrages eine große Rolle. Die folgende Grafik zeigt den zeitlichen und quantitativen Vergleich von sittlichen Ermahnungen und Diffamierungen bei Kohl und Lafontaine. Kohl appelliert zum Ende des Interviews immer pathetischer, immer moralischer. Verschwindend gering sind bei ihm im Verhältnis dazu die Diffamierungen. Ganz anders bei Lafontaine. Einer Vielzahl von Diffamierungen stehen sehr wenige ethische Appelle gegenüber. 

4. Selbstdarstellung und primacy-recency-effect

Ein wesentlicher Unterschied in der Selbstdarstellung der beiden politischen Protagonisten ergibt sich weiterhin, wenn wir die Struktur der einzelnen Redesequenzen daraufhin untersuchen, ob negative oder positive Aussagen am Ende stehen. Grundlage für die Beurteilung der jeweiligen Rhetorizität sind die Untersuchungen zu dem so genannten "primacy-recency-effect"(8). Wonach ähnlich wie bei der Rededisposition zunächst einmal - davon ausgegangen werden kann, dass die letzte Botschaft im Gedächtnis bleibt.

Hier ergibt sich folgender Unterschied. Lafontaine beginnt überwiegend mit positiven Aussagen und endet meistens mit negativen Ausblicken, was alles nicht zu leisten sei, was nicht ginge.

z.B. "Die soziale Frage ist für mich die vorrangige Frage. (positiv) Und ich kann mich nicht damit abfinden, dass man beispielsweise, wenn solche Feierstunden sind nicht darüber spricht, dass es dort Menschen gibt, die eben jetzt Sorge um ihre Existenz haben, die Arbeitslosigkeit steigt und dass es Löhne von unter 600 DM gibt und dass es dort Renten gibt, die unter dem Existenzminimum liegen, das meine ich gehört mit dazu. Nur in Optimismus zu machen davon halte ich nichts. " (negativ)

Oder: "Insofern hielte ich es fürrichtig den Leuten ' die Wahrheit zusagen (positiv), und das spricht sich allmählich rum. Ich Halte nichts davon Ihnen irgend etwas vor zu machen. " (negativ)

Anders Kohl. Er bleibt in seinen Aussagen fast immer positiv. Gelegentlich beginnt er mit negativen Aussagen, endet aber überwiegend mit positiven Ausblicken. Das erweckt beim Zuhörer den Eindruck, dass hier ein Mensch spricht, der die Zukunft gestalten kann, da er bereits Zielvorstellungen entwickelt hat.

Z. B.: "Ich bin jetzt ganz und gar dagegen Personalspielereien zu machen. Wie ich auch dagegen bin, so zu tun als sei die Wahl vorbei.  (negativ) Jetzt führen wir Wahlkampf. Und dann werden wir den Wahltag haben. Und so Gott will und wenn die Wähler uns helfen, werden wir ein Fest feiern können. Und wenn das Fest herum ist, reden wir über Personal."( positiv)

Der primacy-recency Effet spielt in amerikanischen Wahlkämpfen eine erhebliche Rolle. Ähnlich wie Kohl verfährt, ist es bei amerikanischen Präsidenten üblich, die Wahlkampfstrategie auf zwei Prämissen aufzubauen:

1. Bestimme das Thema,
2. Bleibe positiv.

Zusammenfassend komme ich zu folgendem Ergebnis: Lafontaine setzt für die Wertdarstellung vor allem Aufrichtigkeit, Mäßigkeit und Gerechtigkeit ein. Diese Werte stellt er überwiegend als suspendiert dar. Bei den Schlüsselwörtern dominieren bei ihm Ich und Problem. Lafontaine endet nicht mit ethischen Appellen. Er verwendet vor allem Diffamierungen für die Selbstdarstellung, er grenzt sich also negativ von der Unionspolitik ab, ohne eigene Perspektiven aufzuzeigen. Seine Ausführungen enden meistens mit negativen Ausblicken.

Die Rhetorizität der Selbstdarstellung von Helmut Kohl ist höher einzuschätzen. Kohl präsentiert sich als kämpferischer, zuversichtlicher Patriot. Als Schlüsselwörter dominieren bei ihm Wir und Einheit. Kohl stellt sich selbst im Verlauf des Interviews immer durchsetzungsstärker dar, begleitet von ethischen Appellen. Er beendet seine Ausführungen stets mit positiven Ausblicken.

Die hier aufgezeigten Parameter wirken meistens sehr subtil unterhalb der Ebene bewusst aufgenommener Inhalte. Wenn eine rhetorische Erklärung für die Wahlniederlage Lafontaines gesucht wird, ist hier am Beispiel eines Fernsehinterviews deutlich geworden, welche rhetorischen Mittel Lafontaine nicht genutzt hat. Es ist aber auch deutlich geworden, welche Mittel geeignet sind, zu einer positiven, die eigene Politik fördernden Rhetorik beizutragen.

Literatur:

(1) Ulonska, U., 1990, Suggestion der Glaubwürdigkeit. Verlag an der Lottbek. Ammersbek.
(2) Bure, K., 1966, Dichtung als symbolische Handlung. Ff. S.138.
(3) Bühler, K., 1965, Sprachtheorie, Stuttgart. S. 28.
(4) Canetti, E., 1960, Masse und Macht. Hamburg.
(5) Aristoteles, 1980, Rhetorik. II, 15; Seite 78 f.
(6) Ulonska, U., 1990, a.a.O., S. 97 ff.
(7) Uonska, U., 1990, a.a.O., S. 99 ff.
(8) Triandis, H., 1975, Einstellungen und Einstellungsänderungen. Weinheim und Basel. S. 272 ff.

[Home] [Institut Trainer] [Referenzen] [Leistungen /Angebote] [Offene Seminare] [Literatur] [Kontakt] [Seminaranmeldung]